Es ist früh, zu früh. 5 Uhr, um genau zu sein. Der Handywecker meldet sich mit seinem gehassten Smartphonesound. Aber heute gibt es keine Schlummerfunktion, keine Ausrede für nochmaliges umdrehen im Bett. Der Tag ist schließlich seit Wochen geplant.

Bis ins kleinste Detail ist dieser Trip vorbereitet. Fast drei Wochen lang gab es keine Zeitfenster, in denen gefischt werden konnte. Einziges Highlight in dieser Zeit war das Afterwork – Shoppen beim Tackle Dealer. Ausgerüstet mit allen Spielereien, was das Raubfischangeln so spannend und schön macht, kann es endlich losgehen.

Vielleicht kennt ihr das? Der erste Schritt vor die Tür, der geile Sommerduft in der Nase, der Asphalt qualmt vom Morgentau, und man weiß genau: Heute wird ein guter Tag. Die Hellgies und Hog Impacts  tanzen Samba im Vakuumbeutel und wollen ihren Dienst erfüllen, die Schnur will endlich wieder Nass sein.

Angekommen am Wasser, einer kleinen Kanalstrecke mit Spundwand non stop, geben die Vögel ein Konzert. Die Ukleis werden von gierigen Rapfen gegen die Stahlwände gedrückt und lassen das Wasser explodieren. Anglerherz, was willst du mehr?  Die G-Line wird sorgfälltig mit der Chrystil verknüpft. Der Swing Impact mit einer Sorgfalt auf den Jig gezogen wie es seinesgleichen sucht. Noch eine letzte Zigarette inhalieren und das Wasser beobachten, die Hotspots analysieren. Feuer frei.

Es gibt Tage, an denen die Zander in den Morgen- und Mittagsstunden das aktive Fressen und ihre Treibjagden einstellen. Es gilt herauszufinden, wie die Katzenaugen an diesem Morgen ticken. Und: Der Zander kann in diesen engen Kanalabschnitten überall stehen, inmitte der Fahrtrinne oder dicht an der Spundwand. Doch meistens werdet ihr die Fische direkt am Kantenfuss ausfindig machen. Für diese Suche eignen sich Jiggs. So kann schnellstmöglich eine große Fläche abgeklopft werden. Der Kantenfuss wird parallel abgeworfen. Das sorgt für ein längeres Verharren in der Fangzone. Der zweite Wurf – und all die Theorie geht voll auf. es kommt zum so geliebten und so oft mühsam erarbeiteten Tock. Die Basspara verneigt sich Richtung Wasseroberfläche. Die 0,10 Chrystel gibt mit der Bremse ein Konzert der Genugtuung. Der erste Zetti hat den Swing Impact voll genommen. Ein guter Auftakt für den Tag. Was lässt sich aus diesem Fisch für die Taktik mitnehmen? Der Swing Impact wurde ganz langsam gefaulenzt. Der Biss kam direkt am Kantenfuss. Das ist das Zeichen, dass die Zander nicht gerade sehr aktiv jagen. In der Dämmerung und in den ersten dunklen Stunden treiben die Zander oft in Trupps den Futterfisch Richtung Spundwand. Sie scheuchen den Kleinfisch auf und treiben ihn regelrecht vor sich her, bis die Spundwand kaum noch einen Fluchtweg zulässt. Das ist der Moment, in dem die Fische sich wie wild auf das Futter stürzen. Am Tag steht der Zander dann oft direkt am Kantenfuss, gesättigt von der Nacht wird er meistens nur noch leicht erscheinbare Beute zu sich nehmen. Also fahren wir in dieser Periode gut damit unsere Shads zu faulenzen, also als leichte Beute zu präsentieren. Zu hoch angejiggte Shads springen dagegen schnell aus dem Sichtfeld des Zanders und lassen dem am Tage „faul“ lebenden Zander keine Chance für eine gemütliche Attacke.

Mit diesem Wissen gewappnet dauert es nicht besonders lange, bis der nächste gute Fisch einsteigt.Tolles Angeln mit echt guten Fischen. Dann allerdings bleiben die Bisse aus. Wir haben dann die ganze Palette angeboten von Flash J bis zum Easy Shiner – alles Fehlanzeige. Vielleicht alles noch zu schnell? Bei so einer Beißpause können Schiffe der ausschlaggebene Faktor für den Erfolg werden. Fährt so ein Pott durch ein kleines Kanalstück, entsteht ein Riesendruck unter Wasser. Er zieht die kleinen Kaulis und Krebse aus der Steinpackung und lässt sie kurz orientierungslos erscheinen. Jetzt schlägt wieder die Stunde des Zanders. Mit einem Drop Shot oder Kick Back Rig ist man jetzt gut für diese Situation gewappnet. Also DS geknüpft mit einem Live Impact. Wir testen kaum die No Action Shads und siehe da, der nächste Fisch attackiert direkt nach einem Boot.

Dann gehts erstmal ab nach Hause. Essen, ausruhen, die Fotos auf der Eos bestaunen. Fachsimpeln, wie wir am Abend fischen und zur Prime-Time zurück zum Spot. Uns war schon klar, dass der Spot gerade ultra hot ist. Wie vorhin schon beschrieben, haben wir morgens die faulen Zander angetroffen. Jetzt aber in der Dämmerung wird uns klar, dass sich das Blatt komplett wendet. Die Fische sind aktiv auf Nahrungssuche. Der Bereich kurz vor der Spundwand wird sehr interessant. Auch wenn das Kick Back bei uns eigentlich in der kälteren Jahreszeit zum Einsatz kommt, fischen wir es auch gern ziemlich schnell vor einer Spundwand. Auch ein DS etwas schneller durchkurbeln kann in gewissen Situationen die Fische reizen. Stellt sich die Frage, ob wir die Shads Nose Hocking am Wide Gap oder Offset präsentieren.  Aber die Kick Back Montage vor der Spundwand bringt wieder in den ersten fünf Würfen den ersten Kontakt…Geflasht von dem Tag und den ganzen Fischen und Methoden, gibt es noch eine Sache, die wir noch testen wollen: vertikal an der Spundwand entlang. Wenn das letzte Licht schwindet, soll das ja die absolute Bringermethode sein. Langsam das Ufer ablaufen und Strecke machen also. Action, No Action oder LOW LOW ist jahreszeiten- und tagesformabhängig, das müsst ihr einfach selbst austesten.

Jedenfalls bringt die Vertikal-Aktion nochmal richtig das Tackle an die Grenzen und beschert uns ein Lächeln für – zumindest erstmal – die nächsten 14 Tage. Petri an all euch Zanderfreaks….Und wie so oft kommt das beste zum Schluss. C&R rulez

Wer noch mehr über das Zanderangeln nachlesen möchte, alles aus einer Hand, dem sei Jörg Strehlows „Zanderangeln“ empfohlen: